Alfons Neumeier

Erster Bürgermeister der Gemeinde Salching

Oberpiebings ersten Teenager entdeckt ?

Im geplanten Baugebiet gab es schon vor 1 300 Jahren eine Siedlung – Viele Funde

Salching. Am südwestlichen Ortsrand von Niederpiebing, Gemeinde Salching, werden gegenwärtig unter der Leitung des Kreisarchäologen Dr. Ludwig Husty durch die Fachfirma Archaios aus Sinzing umfangreiche archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Nach ersten Erkenntnissen zeigen sich frühmittelalterliche Siedlungsspuren und Gräber aus dem 8. bis 9. Jahrhundert nach Christus, die mit der Gründungsgeschichte von Oberpiebing in enger Verbindung stehen.
Bevor die Gemeinde mit der Erschließung eines neuen Baugebietes beginnt, sollen archäologische Ausgrabungen darüber Aufschluss geben, inwieweit sich die Vermutung örtlicher Bodendenkmäler konkretisieren lassen. Damit gewährleistet die Gemeinde den künftigen Grundstückseigentümern einen problemlosen Fortgang der Bebauung, ohne zusätzliche Kosten.Seit einigen Monaten werden von der archäologischen Fachfirma Archaios rund 52 000 Quadratmeter künftiges Bauland untersucht. Die Grabungsleitung vor Ort liegt in den Händen von M.A. Maria Fritz. Die dabei gewonnenen neuesten Erkenntnisse tragen dazu bei, die Oberpiebinger Ortsgeschichte transparenter und begreifbarer zu machen und laufend zu aktualisieren.Völlig unerwartet und überraschend traten im zukünftigen Baugebiet auf einem zum Niederpiebinger Bach geneigten Hang in eigentlich siedlungsungünstiger Lage eine Vielzahl archäologischer Funde in Form zahlreicher Pfostengruben, stellenweise auffallend tiefer und unterschiedlich großer Siedlungsgruben und einiger Gräber zutage. Möglicherweise waren die Gräber früher in der Nähe der ehemaligen Häuser angelegt. So konnten die Ausgräber bislang die Skelette von vier Erwachsenen und von vier Kleinkindern bergen, die ganz unterschiedliche Erhaltungszustände aufweisen. Vereinzelt konnten auch Spuren von Särgen nachgewiesen werden, während die Skelettlage manchmal auch Grabtücher vermuten lassen. Besonders gut erhalten war das Grab eines jugendlichen Individuums, das im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren verstorben war. Es wurde bei einem Ortstermin Bürgermeister Alfons Neumeier und weiteren Vertretern der Gemeinde Salching präsentiert.
Vermutlich Christen

Da keines der Gräber Beigaben hatte und fast alle Gräber in West-Ost-Richtung angelegt waren, liegt die Vermutung nahe, dass die hier Bestatteten bereits christianisiert waren. Anhand der zahlreichen keramischen Funde aus den Siedlungsgruben lässt sich vermuten, dass hier zwischen dem 8. bis 9. Jahrhundert nach Christus eine größere Siedlung lag. Besondere Aufmerksamkeit riefen einige Gefäßreste hervor, die auf eine lokale Töpferei schließen lassen, während wiederum andere Stücke auf Import aus oberbayerischen Gebieten schließen lassen.
Keimzelle des jetzigen Orts

Spannend für die Ortsgeschichte Oberpiebings ist die neu entdeckte frühmittelalterliche Siedlung im zukünftigen Baugebiet deshalb, da bereits der verstorbene Pfarrer Gerhard Lecker in seiner Ortschronik von 1980 von einem beurkundeten Besitzungstausch in Puopinga (Piebing) im Jahr 880 schreibt. Möglicherweise war die von den Archäologen entdeckte Siedlung, die wahrscheinlich zur Zeit des Bayernherzogs Tassilo III. bestand, Teil dieses Besitztausches. Sollten sich die bis dato gewonnenen Erkenntnisse verdichten, so kann vermutet werden, dass sich der Ort Piebing von dieser Keimzelle aus zum heutigen Ortskern hin entwickelt hat. Obwohl die Untersuchungen des künftigen Baugebietes noch nicht ganz abgeschlossen sind, wurden bereits jetzt neue und spannende Erkenntnisse über die Anfänge des Orts Oberpiebing gewonnen. Ob sich hinter den bestatteten Menschen eine Piebinger Urfamilie verbirgt, könnten weitere naturwissenschaftliche Untersuchungen wie etwa DNA-Vergleiche erbringen.
Historisches Siedlungsareal

Interessant ist jedoch, dass auf diesem historischen Areal nach rund 1300 Jahren wieder eine Wohnsiedlung entsteht und die neuen Familien mit Stolz auf diese Siedlungskontinuität verweisen können.

Josef Bierl, Franz Dengler

Kreisarchäologe Dr. Ludwig Husty (Zweiter von links) und die Archäologen Dr. Manfred Hilgart, Maria Fritz und Uta Kirpal (Sechster bis Achte von links) erläutern im Beisein von Bürgermeister Alfons Neumeier (Fünfter von links) die Grabstelle mit dem Skelett eines Menschen, der im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren gestorben war. (Foto: jb)